Nicht nur unser Körper regeneriert sich im Schlaf, auch im Gehirn finden wichtige Prozesse statt, die von entscheidender Bedeutung für unseren gesamten Organismus sind. Neue Forschungsergebnisse hierzu wurden auf der 23. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e. V. vom 3. Bis 5. Dezember 2015 in Mainz kontrovers diskutiert.

Sind Schlafstörungen Vorboten einer Demenz?

Es konnte erstmalig in Studien festgestellt werden, dass Menschen mit Demenz bereits im Vorstadium ihrer Krankheit an markanten Schlafstörungen leiden – und das schon häufig bevor die Gedächtnisschwäche überhaupt erkannt wird. 

Während des Schlafs findet im Gehirn ein erhöhter Flüssigkeitsaustausch statt, über den schädliche Proteinablagerungen (Amyloid-Plaques) abtransportiert werden. Ist die Tiefschlafphase jedoch zu kurz oder im schlimmsten Fall gar nicht vorhanden, kann die Reinigung nicht in ausreichendem Maße durchgeführt werden. Die sich dadurch bildenden Ablagerungen sind hauptverantwortlich für die Entstehung einer Demenz.

Der festgestellte Zusammenhang zwischen einer erhöhten Amyloid-Konzentration im Gehirn und Schlafentzug oder längerem Schlafmangel kann einen möglichen Hinweis auf eine Demenzgefährdung bei Schlafstörungen geben. Es konnte im Gegenzug aber auch nachgewiesen werden, dass die vorhandenen Ablagerungen vermehrt abgebaut werden, sobald ein ausreichender Tiefschlaf stattfindet. 

Vor diesem Hintergrund ist die Schlafmedizin ein neuer Therapieansatz für die Behandlung von Demenzkranken. Zusätzlich wird deutlich, dass ausreichend Schlaf auch eine Präventionsmaßnahme gegen Demenz darstellt und Schlafstörungen frühzeitig behandelt werden sollten, um diesbezüglich vorbeugend aktiv zu werden.

Kann man sich schlau schlafen?

Dieses Thema löste auf der Tagung eine sehr kontroverse Diskussion aus. Wobei nicht die Antwort auf die Frage im Mittelpunkt stand, sondern der gesellschaftlich und wissenschaftlich vertretbare Umgang mit der Antwort.

Dass während des Schlafs Prozesse geordnet und Erlebnisse verarbeitet werden, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Auch dass sich Schlaf positiv auf die Merkfähigkeit auswirkt, ist bekannt. Neu ist allerdings, dass sich dieser Prozess medizinisch verstärken lässt.

Während wir schlafen, ist zwar unser Bewusstsein ausgeschaltet, jedoch werden unterbewusst die Lernerfahrungen des Tages gefestigt und sortiert. Wie neue Studien aufzeigten, kann dieser Prozess durch externe Reize wie Gerüche und Töne verstärkt werden. Auch durch Elektrostimulationen und Medikamente kann die Verfestigung von Gelerntem positiv beeinflusst werden.
Was erst wie ein Segen klingt, könnte auch schnell zum Fluch werden: Wird damit zukünftig noch Chancengleichheit möglich sein, oder kann nur noch der in Schule oder Studium bestehen, der sich teure Medikamente fürs „Gehirndoping“ leisten kann? Welche Risikofaktoren bestehen, wenn der natürliche Schlaf beeinflusst und verändert wird? Welche gesetzlichen Regelungen sind notwendig, um einen Missbrauch zu verhindern? „Fachgesellschaften und Krankenkassen warnen bereits vor der medikamentösen Förderung unserer Gehirnleistung“, so Dr. Hans-Günter Weeß, Leiter des Schlafzentrums am Pfalzklinikum Klingenmünster.

Schlaf ist von elementarer Bedeutung

Ungeachtet der Konsequenzen für Medizin und Wirtschaft konnten die aktuellen Studien die Bedeutung des Schlafs herausstellen – ist er doch hauptverantwortlich für unsere Gesundheit sowie unsere Lern- und Merkfähigkeit. In weiteren Untersuchungen konnte darüber hinaus festgehalten werden, dass er zu großen Teilen auch unsere emotionale Befindlichkeit beeinflusst. Schlafen wir uns also heute Nacht gesund, schlau und glücklich!