Mit Tagschlaf bezeichnet man einen Kurzschlaf außerhalb der nächtlichen Hauptschlafphase. Am bekanntesten ist er in Form des Mittagsschlafes. Diesen Kurzschlaf nennt man auch „“Powernapping“(power = Kraft, nap = Nickerchen).
Begrifflichkeit
„Inemuri“ lautet das Wort für die öffentliche Form des Kurzschlafs in Japan; die Chinesen sprechen von „Xeu-Xi“ und messen dem Mittagsschlaf den Wert eines Grundrechts bei.
Die Wissenschaft hat sich jahrelang nur mit dem Nachtschlaf beschäftigt und dabei die Ruhepausen am Tage, z.B. den Mittagsschlaf oder kurze Nickerchen, unterschätzt. Der Mensch jedoch ist durch seine „innere Uhr“ auf einen Mittagsschlaf geradezu programmiert.
Nach Aussage von Jürgen V Zulley, Chronobiologe und Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums der Universität Regensburg, benötigen die biologischen Rhythmen der meisten Menschen sogar den Mittagschlaf. Er gehört sozusagen zu den Ur-Takten des Menschen.
Nun sitzen oder stehen die meisten Menschen jedoch von morgens bis abends am Arbeitsplatz. Da macht es keinen guten Eindruck, wenn einen der Chef schnarchend am Schreibtisch vorfindet. Doch, so behauptet Forscher Comby, „schlafen in kleinen Portionen über den Tag verteilt ist eine biologische Notwendigkeit“, und der Berufsverband Deutscher Psychologen empfiehlt: „Der tägliche Bedarf an Schlaf sollte nicht ausschließlich in der Nacht gedeckt werden.“
In Japan ist es schon lange üblich und selbstverständlich, in der U-Bahn, auf der Parkbank, am Arbeitsplatz oder sogar in Konferenzen kurz ein Nickerchen zu machen. Als „power napping“ bezeichnet, hat diese Gewohnheit inzwischen ihren Weg auch in deutsche Unternehmen gefunden.
In ländlichen Regionen und einfacheren Kulturen sowie in Gegenden mit mediterranem Klima gehört der Mittagsschlaf noch zu einem Ritual. Die Menschen stellen mittags ihre Arbeit ein, um Siesta zu halten und der Hitze zu entgehen. In Ländern, wo die tägliche Siesta nicht Bestandteil der Kultur ist, ist die Struktur der Menschen, die regelmäßig ein Schläfchen machen, sehr unterschiedlich.
Der Begriff „Siesta“ kommt aus dem Lateinischen „sexta“ und bezeichnet die sechste Stunde nach Sonnenaufgang für eine entspannte Auszeit von der Hitze. Als deutscher Begriff wäre wohl „kurzer Mittagsschlaf“ oder „Nickerchen“ treffend. In Deutschland gilt der Mittagsschlaf im Betrieb allerdings meist als Zeichen von Faulheit.
Aber Manager, Wissenschaftler und Politiker halten bevorzugt heimlich einen kurzen Mittagsschlaf. Dabei haben sie prominente Befürworter: Konrad Adenauer oder sein „Enkel“ Helmut Kohl, Hans-Dietrich Genscher, Jacques Chirac, Margaret Thatcher, Winston Churchill, Albert Einstein, Victor Hugo, Thomas Mann schliefen tagsüber, ebenso wie Johannes Brahms und Salvador Dali. Auch die meisten US-Präsidenten waren bekennende Mittagsschläfer.
Inspektionen von Colleges ergaben z.B., dass etwa 50 Prozent der Studenten sich tagsüber regelmäßig aufs Ohr legen. Prof. Jürgen Zulley: „22 Prozent der deutschen Bevölkerung halten regelmäßig einen Mittagschlaf (mehr als zwei Mal in der Woche) ab. Dabei wurden nicht nur ältere Leute und Kinder, sondern sämtliche Altersgruppen zwischen 15 und 99 Jahren befragt.“
Leider ist, anders als in ländlichen Regionen, bei uns in den industrialisierten Gegenden der Mittagsschlaf immer noch unpopulär. Und je mehr die Industrialisierung voranschreitet, desto mehr wird er verdrängt. Maschinen bestimmen heute unseren Rhythmus. Sie halten uns den ganzen Tag, auch gegen unsere innere Uhr, gleichmäßig auf Trab. Selbst wenn der Mensch bereits völlig erschöpft ist, fordert die Technik noch seine permanente Konzentration. Obwohl belegt ist, dass nach einem kurzen Mittagsschlaf weniger Fehler gemacht werden, gibt keine Firma gern zu, dass bei ihr „geschlafen“ wird. Durch die Anforderungen der Arbeitswelt ist der Drang nach Mittagsschlaf wegrationalisiert worden oder wird unterdrückt.
Der Psychologe und Schlafforscher James Maas von der amerikanischen Cornell University empfiehlt: „Der Mittagsschlaf sollte zu einer täglichen Einrichtung werden. Niemand soll deswegen im Büro schief angesehen werden oder sich zu Hause schuldig fühlen.“
Was geschieht zur Mittagszeit?
Nach dem Mittagessen, in der Regel zwischen 14 und 16 Uhr, rutscht der Körper in sein Tagestief, auch „toter Punkt“ genannt. Dieser wird durch abfallenden Blutdruck und üppiges Essen verstärkt. Die Konzentration lässt nach, Stimmung und Leistungsbereitschaft sinken gegen Null. Parallel dazu hängen die Augen auf Halbmast und das Schlafbedürfnis steigt stark an. Der Mensch wird unkonzentriert, der Kreislauf wird labil, das Risiko der Arbeits- und Verkehrsunfälle sowie der Produktionsfehler steigt. Es bleibt nur ein einziger Wunsch: Schlaf.
Schuld am „toten Punkt“ ist der biologische Rhythmus des Menschen. Gegen 14 Uhr schaltet die innere Uhr des Körpers ähnlich wie nachts zwischen drei und vier Uhr auf Ruhe um. Der Mensch ist nicht darauf ausgerichtet, 16 Stunden auf vollen Touren an einem Stück zu arbeiten. Die persönliche Leistungsfähigkeit hat Tagestiefstwerte. Die Natur hat offensichtlich durch unseren Biorhythmus den Mittagsschlaf für Erwachsene vorgesehen. Allerdings ist diese Neigung schwächer als das nächtliche Schlafbedürfnis ausgeprägt. Die landläufige Meinung, dass die Müdigkeit zur Mittagszeit von zu schwerem Mittagessen oder fehlendem Nachtschlaf kommt, ist falsch und wissenschaftlich nicht bewiesen. „Um die Mittagszeit“, so Prof. Zuller, „gehen zum einen unsere Leistungsfähigkeit und unsere Konzentration, zum anderen unsere Stimmung und unser Befinden in den Keller.
Unsere Körpertemperatur fällt ab und unsere Kreislaufstabilität zeigt ein Minimum. Auch der Blutdruck fällt zu dieser Zeit ab. All diese Werte weisen darauf hin, dass wir zur Mittagszeit sehr labil sind und eben nichts ‚leisten‘ sollten.“
Wenn das Bedürfnis zum Mittagsschlaf überwiegt
Wer schläft, sündigt nicht – so spricht der Volksmund. Deshalb macht das kurze Päuschen durchaus einen Sinn. Wer die Möglichkeit hat, kann und sollte auf seinen Körper und die innere Uhr Rücksicht nehmen und sich einen Mittagsschlaf von etwa einer halben Stunde gönnen. Dabei reicht es schon, kurz die Augen zu schließen und sich zu entspannen. Nach dieser halben Stunde ist man nicht nur ausgeruhter, sondern auch kreativer und kann mit mehr Konzentration und neuem Schwung die Nachmittagsarbeit bewältigen. Zwischendurch schlafen ist Einstellungs- und Übungssache und hängt überdies von den beruflichen und räumlichen Möglichkeiten ab. Wenn Menschen nach einem kurzen Schlaf den Eindruck haben, sie seien völlig zerschlagen, dann fehlt ihnen das Training des Kurzschlafes. Ob ein Mittagsschlaf nur erfrischt oder auch erholsam ist, hängt also von der Schlaftiefe ab. Wer länger schläft, braucht länger, um wieder wach zu werden.
Powerschlaf ist angesagt. Bei acht Stunden Arbeit soll ein 20-minütiges Nickerchen die Arbeitsleistung um 20 Prozent steigern. Das entspricht eineinhalb Stunden Nachtschlaf. Schlafexperte Comby hält sogar einen Zweiminutenschlummer alle 90 Minuten für optimal. Wer die Kunst des Powerschlafs beherrscht, kann binnen zwei Minuten seine Energien aktivieren. Die Schnell-Schlaf-Methode kann an beliebigen Orten praktiziert werden. Mit etwas Übung soll es sogar im Stehen klappen.
Powerschlaf ist ein Zustand zwischen Wachen und Schlafen. „Er ähnelt der Hypnose und ist wichtig, weil sich das Gehirn ausruhen muss. Powerschlaf nimmt Stress weg, senkt das Herzinfarktrisiko, verbessert Gedächtnis, Konzentration, macht kreativ und leistungsfähig.
Letztendlich ist die Durchführung des Mittagsschlafes eine Frage der richtigen, Arbeitseinteilung, der Kenntnis des eigenen Körpers und einer gesunden Lebensweise. Man braucht kein Bett, um zu schlafen. Mit etwas Training und ein paar Kniffen kann man auch im Büro schlummern.
Wie sollte ein Mittagsschlaf gestaltet sein?
- Kurz. 10 – 30 Minuten reichen aus und für Profis sind die 10 Minuten das Optimum, Anfänger in der Kunst des Nickerchens brauchen etwas länger. Wichtig ist, dass man etwa dieser Zeit nicht in tiefere Schlafphasen fällt.
- Mindestens 3x die Woche halten.
- Der Kopf sollte entspannt liegen, Augen zu und entspannen.
Arten des Mittagsschlafs
Der ausgiebige und wirksamste Mittagsschlaf findet liegend im Bett und in Dunkelheit statt.
Am Büroarbeitsplatz sorgt man möglichst für ein ruhigeres Umfeld und verschränkt seine Arme auf dem Tisch und legt seinen Kopf auf die Arme und schließt die Augen, zur Not lässt man den Bürostuhl etwas herunter.
Hat man nur wenig Zeit (2-20 Minuten) und geistern Arbeit oder andere Dinge störend durch den Kopf so hilft tiefes, langsames und entspanntes Ein- und Ausatmen.
Ist die Atmung entspannt, so zählt man langsam von 7 rückwärts auf 0 herunter und stellt sich bei jeder Zahl eine Farbe vor.
Was bringt ein Mittagschlaf
- Ein Mittagschlaf reduziert das Krankheits-Risiko nur um die Hälfte
- Jeder Mittagsschlaf wirkt leistungsteigernd, lebensverlängernd und stressmildernd auch wenn er noch so kurz ist
- Der Energie verbrauchende Anteil unseres Nervensystems wird gebremst, die aufbauenden Körperfunktionen des Nervensystems werden dagegen angeregt und neu belebt.
- Die Energiespeicher unseres Körpers werden wieder aufgefüllt, das Gehirn wird entlastet. Ein halbes Stündchen Mittagsschlaf kann Lebensjahre schenken.
- Beim Arbeiten wird die Reaktionszeit durch einen Mittagsschlaf um 15% schneller und die Fehlerquote halbiert sich.
- Man vermutet, dass bei dem Mittagsschlaf die Stresshormone deutlich schneller abgebaut werden können und dadurch die Herzkranzgefässe nicht mehr geschädigt werden können. Stresshormone führen zu entzündlichen Prozessen im Gefäßsystem und erhöhen so das Risiko für Herzinfarkt.
- Nach einem Nickerchen wird schneller reagiert, aufmerksamer und konzentrierter gearbeitet und die Betreffenden sind besser gelaunt als Kollegen ohne Mittagsschlaf, und zwar nachhaltig
- Selbst dem Gedächtnis hilft ein Nickerchen auf die Sprünge: Danach konnte das Gelernte besser wiedergeben werden als bei Nichtschläfern.
Der Physiotherapeut Medizinalrat Dr. H. Wallhöfer verglich den Mittagsschlaf mit den Erholungsqualitäten beim autogenen Training. Der Energie verbrauchende Anteil unseres Nervensystems wird gebremst, die aufbauenden Körperfunktionen des Nervensystems werden dagegen angeregt und neu belebt. Muskelschlacken werden abgebaut, der Darm wird aktiviert und das Herz ruhig gestellt. In den südlichen Ländern wie Italien, Spanien oder Griechenland, wo die „Siesta“ zum Tagesrhythmus ge