Was genau bedeutet dies für den Körper und den Schlaf?

Oftmals genau zu den Zeiten, in denen der Körper eigentlich auf Ruhe und Entspannung ausgelegt ist, arbeiten die Schichtarbeiter. Damit leben sie entgegen der inneren Uhr. Viele Prozesse im Körper geraten dadurch durcheinander und aus dem Rhythmus.

Unser Organismus ist seit Uhrzeiten auf feste Rhythmen und Bedingungen programmiert. Diese nicht zu leben und zu beachten, lässt unser System sozusagen aus dem Takt geraten. Unser System der inneren Uhr trägt z.B. Sorge dafür, dass bestimmte Funktionen im Körper immer in gleichen Abläufen stattfinden. Auch z.B. der Blutdruck, bestimmte Hormone oder auch die Körpertemperatur gehören dazu. In der Nacht sind diese Werte beispielsweise niedriger bzw. runtergefahren, da der Körper nachts auf Erholung und nicht auf Aktivität vorbereitet ist.

Schichtarbeiter, insbesondere bei wechselnden Schichten, leiden daher oftmals unter:

  • Depressionen
  • Verdauungsproblemen
  • Schlafproblemen

Und haben ein erhöhtes Risiko für:

  • viele Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen

Daher geht man auch von einer um acht Jahre verkürzten Lebenserwartung aus!

Welche gesetzliche Regelungen gibt es für Schichtarbeiter?

Auch ein Schichtarbeiter hat in der Regel einen 8-Stunden-Tag. In sozialen Berufen sind aber auch 10-Stunden-Tage und 12- bis 24-Stunden-Schichten üblich und rechtlich möglich. Bei Nachtarbeit gibt es die Regelungen der Lohnzuschläge. Dieser Anreiz ist für einige Arbeitnehmer attraktiv und daher einer der Hauptgründe in Nachtschichten zu arbeiten.

Zur Erhaltung der Gesundheit von Schichtarbeitern gibt es allerdings insgesamt leider immer noch zu wenige gesetzlich verpflichtende Vorkehrungen oder Hilfestellungen. Hier muss und sollte sich daher jeder Arbeitnehmer sowie auch der Arbeitgeber unbedingt selbst kümmern. Es fängt schon mit der Aufklärung und Sensibilisierung zum Thema an. Denn leider sind sich immer noch zu viele Schichtarbeiter und auch Arbeitgeber der gesundheitlichen Auswirkungen gar nicht oder nur bedingt bewusst. Dabei kann man sehr viel tun dem entgegenzuwirken.

Wie und wo kann ich als Arbeitnehmer einwirken?

Verfügt ein Unternehmen über einen Betriebsrat, so ist dies ein guter Hebel und ein Gestaltungsspielraum für das Mitspracherecht als Mitarbeiter. Oft sind sich Unternehmen der Wichtigkeit dieser Thematik gar nicht so bewusst und jeder Mitarbeiter muss alle Schichten ausüben. Der individuelle Schlaftyp wird nur in den wenigsten Fällen berücksichtigt. Mittlerweile gibt es einige Studien mit Unternehmen, bei denen das Schichtsystem auch die individuellen Schlaftypen der Mitarbeiter berücksichtigten. Mit dem Ergebnis: Weniger Gesundheitsprobleme.

Hat jede Schichtarbeit dieselben Auswirkungen?

Schichtarbeit wirkt sich bei jedem Menschen etwas anders aus. Allerdings gibt es zwei Grundsätze, die die Auswirkungen der Schichtarbeit für jeden Körper einfach stark beeinflussen.  

1. Ihr Schlaftyp / Chronotyp

Eule oder eine Lerche? Eine sogenannte Eule ist der, der lieber später zu Bett gehen und morgens entsprechend später aufstehen mag. Dieser Chronotyp kommt mit dauerhaften Spätschichten am besten zurecht. Die Lerchen dagegen sind von Natur aus Frühaufsteher, die auch sehr gerne zeitig zu Bett gehen. Hier sind dann dementsprechend Frühschichten wesentlich vorteilhafter. Bei Mehr- bzw. Wechselschichtmodell, hat der Chrono- bzw. Schlaftyp nur einen geringen Einfluss auf die Auswirkungen der Schichtarbeit für Ihren Schlaf.  

2. Die Schicht als solches

Spätschicht

Die Spätschicht kann der Körper am besten kompensieren. Bei diesem Schichtmodell geht man einfach etwas später zu Bett und steht morgens entsprechend etwas später auf. Diese Art der Schicht stellt daher auf Dauer in den wenigsten Fällen ein Problem für den Schlaf dar. Wichtig: Nach der Spätschicht sollten Sie ganz normalen Feierabend machen und nicht sofort zu Bett gehen. Runterfahren und Abschalten ist wichtig für den Geist und Körper.

Frühschicht

Die Frühschicht hat bedeutendere Auswirkungen. In der Regel heißt dies drei bis vier Stunden früher aufstehen als üblich. Meistens kann man sich trotzdem am Abendt aber nur ein bis zwei Stunden früher dazu aufraffen, zu Bett zu gehen. Besonders in den Sommermonaten, wenn es abends noch lange hell ist, fällt es vielen Menschen schwer, sich bereits schon um 20.00 Uhr schlafen zu legen. Die Folge: Frühschichtler schlafen meist zu wenig!  

Nachtschicht

Die dauerhafte Nachtschicht ist die mit den größten gesundheitlichen Auswirkungen. Hierbei lebt man permanent entgegen der inneren Uhr, die einem sagt, nachts zu schlafen. Hier sind sich alle Schlafforscher einig: Der Tagschlaf kann den Nachtschlaf nicht ersetzen!  

Wechselschicht

Am belastenden sind ständig wechselnde Schichten. Mit Verhaltenstipps kann man da leider wenig ausgleichen bzw. kompensieren. Wechselschichtler haben daher auch erheblich größere gesundheitliche Problem als die Menschen, die dauerhaft in Nacht-, Spät- oder Frühschicht arbeiten. Gerade das Wechseln der Schlaf- und Aktivitätsphasen ist das, was den Körper immer wieder aus dem Rhythmus bringt. Als geringeres Übel gilt laut Schlafforscher dann hier der Wechsel im Uhrzeigersinn von Früh- auf Spät- auf Nachtschicht mit einer darauffolgenden Woche Pause.

Gewöhnt sich der Körper irgendwann an die Schichtarbeit?

Auch dazu gibt es Studien, die im Ergebnis folgendes sagen: Man kann sich psychisch und mental mit der Schichtarbeit arrangieren und damit „leben“. Auch der Körper versucht sich auf Dauer der Gegebenheit anzupassen. Die Körpertemperatur sinkt dann während Nachtschichten nicht mehr so extrem, wenn er die „Erfahrung“ hat, dass dann keine Schlafenszeit ist, und Sie aktiv sind. Aber ganz und gar umstellen, das gelingt dem Körper nicht! Auch nach Beendigung der Schichtarbeit kann es mitunter Jahre dauern, bis man sich davon wieder erholt hat und auch geistig wieder auf demselben Niveau ist wie gleichaltrige Personen die nie in Schichten gearbeitet haben.  

Gibt es Maßnahmen, die helfen können?

Die gesundheitlichen Probleme durch Schichtarbeit sind ein großes Thema. Einfach nicht mehr in Schichten arbeiten, ist aber sicherlich nicht die Lösung und wird nicht funktionieren. Schließlich und endlich ist unser Gesellschaftssystem auf Schichtarbeiten angewiesen. Dies gilt insbesondere in sozialen Berufen wie z.B. im gesamten Gesundheitswesen, bei der Polizei oder der Feuerwehr, etc.  

Glücklicherweise zeichnet sich der Trend ab, das der Arbeitgeber sehr bemüht ist seine Schichtmitarbeiter diesbezüglich aufzuklären und zu informieren. Hier auch ein paar allgemeine Tipps:  

  • Eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung Schichtarbeiter tendieren leider als Kompensation des Schlafmangels zu ungesunden, zucker- und fettreichen Lebensmitteln greifen. Schichtarbeit bedeutet Stress, gerne wird daher vermehrt zu Nervennahrung gegriffen – und das sind leider dann nicht immer gesunde Nüsse.
  • Gute Schlafhygiene
  • Maßvoller Umgang mit Koffein
  • Stressvermeidung außerhalb der Schichtarbeit
  • Vermeiden Sie nach Möglichkeit weitere Stressquellen gerade in Kombination mit der Schichtarbeit. Als alleinerziehender Elternteil ist eine Arbeit in Schichten z.B. eine doppelte Stressquelle. Gleiches gilt beispielsweise auch bei einem oder gar zwei Nebenjobs oder bei pflegebedürftige Menschen im Haushalt.  
  • Verständnis und Rücksichtnahme im sozialen Umfeld
  • Power Naps, um Schlafdefizite zu kompensieren
  • Optimale Schlafumgebung, besonders wichtig bei Tagschlaf
  • Auf den Körper hören und eigene Regeln und Verhaltensweisen finden
  • Schichtarbeit und deren Auswirkungen sind individuell. Beim Schlaf ist (fast) alles erlaubt, was hilft!

Fazit

Eine Anpassung auf die individuelle Situation und das Schichtsystem ist wichtig. Was bei Frühschichten gut ist, kann bei Nachtschicht wiederum das Falsche sein.

Arbeiten Sie in Schichten und möchten Ihren Schlaf nachhaltig verbessern? In der Sleep Performance Academy gibt es einen eigenen Videokurs explizit für Schichtarbeiter. Mehr dazu unter sleep-performance.academy

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NDR Reportage: Die schlaflose Republik – Ausstrahlung Montag, 23 März 2020, 22:00 – 22:45 Uhr oder später in der Mediathek abrufbar.