Allgemein wird davon ausgegangen, dass sich das Nachthemd um 1500 von Italien über ganz Euro ausbreitete, denn in  Italien behielten die Frauen das Taghemd, das sie unter ihrer Kleidung trugen, in der Nacht ebenfalls an. Dem muss widersprochen werden.

Ian Mortimer berichtet in seinem Werk „Im Mittelalter: Handbuch für Zeitreisende, das Edward Balliol (1283- -1367) 1332 bis 1336 vorübergehend König von Schottland war. Als er eines Nachts im September 1332 angegriffen wurde, konnte  er gerade noch im Nachthemd entkommen.

Damit scheint das Nachthemd älter als um das Jahr 1500 zu sein. Wer in dieser Geld hatte, der ließ sich ein eigenes Kleidungstück, den sogenannten „Herzschützer“ anfertigen. Hierbei handelte es sich um ein knöchellanges, weites Hemd aus Seide für beide Geschlechter welches am Hals mit einem Bändchen geschlossen wurde. In England hieß es “Smock”, war aus weißem Leinenbatist oder Barchent, seltener aus Seide, und je nach Stand mehr oder weniger mit Spitzen, Rüschen und Stickereien verziert. 

Die früh aufgeklärten Franzosen entwickelten zur Wahrung ehelicher Sitten ein züchtiges Ehe-Nachtgewand, das „chemise cagoule“. Dies war ein schweres Nachthemd mit passender Öffnung, durch die der Mann seine Frau befruchten konnte, ohne mit ihr in eine über das Notwendige hinausgehende Berührung zu kommen. Die Menschen dieser Zeit sollten während des Zeugungsaktes keine fleischigen Lüste verspüren. . Ob der Spruch “Gott will es so” (Dieu le veut) als Zierde gedacht war oder als Erinnerung an die Pflicht, bleibt dahin gestellt.  Im Blüteland des Puritanismus, Amerika, galt es mancherorts dagegen selbst für vollbekleidete Eheleute als strafbares Vergehen, sich mit dem anderen Geschlecht zu betten, es sei denn zum Zwecke der Fortpflanzung.

An Königshöfen, in Adelshäusern und in Schlössern im 17. Jahrhundert wurde der Kleidung beim Schlafen besonders großen Wert zu legen. Die Damen trugen teure, Spitzen besetzte Nachthemden aus Samt oder Seide und die waren bei der gehobenen Schicht so prachtvoll, dass man sie auch bei mehr oder weniger intimen Abendgesellschaften trug.

Dass auch die körperbewusste Kaiserin Elisabeth (1837-1898) überweite Nachthemden trug, scheint vielleicht verwunderlich, hängt aber sicherlich auch damit zusammen, dass Nachthemden mit Zugband in der Taille erst um 1880 auf den Markt kamen und sich die kaiserliche Wäsche auch an der jeweiligen Mode orientierte.

Als 1870 die Herren begannen Pyjamas zu tragen, wurde das Nachthemd weiblicher und verspielter. Anstelle des üblichen Umlegekragens kam der Stehkragen, Rüschen und Verzierungen mehrten sich und im Rücken wurde eine Falte gelegt damit es eleganter wirkte.
Um das Jahr 1880 herum wurde das erste Mal daran gedacht, das Nachthemd auch modisch in Szene zu setzen, so bekam das Nachthemd für Frauen eine durchgehende Knöpfung an der Vorderseite sowie ein Zugband um die Taille


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