Die Bettdecke reguliert zu über zwei Dritteln das Bettklima – und hat dadurch wesentlichen Einfluss darauf, wie gut oder schlecht wir schlafen. Und die Bettwäsche spielt nicht nur hierbei eine Rolle, sondern verleiht auch jedem Bett, jedem Schlafzimmer seine individuelle Optik. Auf der Fachmesse Heimtextil 2015 präsentierten die Hersteller ihr Programm fürs angebrochene Jahr. Das Team der Schlafkampagne hat sich umgeschaut und durch die Neuheiten gestöbert.

Was auffällt ist vor allem bunte, dabei meist elegant-zurückhaltende Vielfalt – und kräftige Farben auf der anderen Seite, bei denen florale Designs und Verspieltes mit Naturbezug im Mittelpunkt steht. Bettwäsche-Hersteller Estella aus Neustadt variiert dabei Paradies- und paradiesische Motive: Blumen und Pflanzen in vielfarbiger Pracht glänzen im wahrsten Sinne des Wortes auf Interlock-Jersey und Mako-Satin, dazwischen tummeln sich Vögel, und auch die abstrakter gehaltenen Farbmuster der Lifestyle-Serie gemahnen an Wasserfälle, Bergbäche und sonnige Lichtspiele. Schnell wird klar: man möchte das Auge des Kunden gewinnen, in den Bann ziehen.

Dafür setzt man auf das textile Digitaldruckverfahren, das sich auf der diesjährigen Heimtextil als neuer Trend abzeichnet und auch neue Möglichkeiten eröffnet: Zum einen wirken viele Motive realistischer und lebensnaher, weil hochauflösende Fotos die Textilien zieren – neben klassischen Zeichentisch-Arbeiten und grafischen Elementen. Klassisches trifft auf Modernes. Am Ende steht der Gedanke maximaler Individualisierung. So ist es durchaus denkbar, dass man eigene (Foto)Motive bereitstellt und auf die Bettwäsche drucken lässt. Estella greift diese Grundidee auf, indem man bei einem DesignContest die Endkunden dazu auffordert, eigene Motive und Gestaltungen einzureichen. Die drei besten sollen im kommenden Jahr prämiert und in die nächste Estella-Kollektion mit aufgenommen werden. Wer weiß – vielleicht wird irgendwann tatsächlich jede Bettwäsche ein Einzelstück sein…

Christian und Camilla Fischbacher aus dem schweizerischen St. Gallen, deren Traditionsunternehmen bereits auf das 200jährige Jubiläum 2019 herunterzählt, stellen das Material in den Vordergrund. „Das spielt für die Kunden eine wichtige Rolle“, kommentiert Ramona Odermatt und führt leichte sommerliche Satinstoffe neben wohlig-kuscheligen Flannellbezügen vor, die gemütliche Winterstimmung in zurückhaltenden Farben aufkommen lassen. Detailverliebte florale Zeichnungen und Vögel finden sich auch bei den Schweizern, aber auf allzu Knalliges wird verzichtet. Elegantes Understatement spiegelt sich in filigranen Motiven und Ornamentierungen, spielerische geometrische Figuren für den Sommer werden von Muscheln und Nixen begleitet. Das Look and Feel wirkt durchdacht und stimmig und erzeugt Atmosphäre. Laut Odermatt werden Bettklima und Atmungsaktivität stets mit einbezogen – weshalb man in den Zudecken von Fischbacher Daunen vorfindet, die von Dorbena geliefert werden und dem Hersteller zufolge ökologischen Standards verpflichtet sind, was Lebendrupfung ausdrücklich ausschließen soll. Daunen gelten nach wie vor als das hochwertigste Füllmaterial für Bettdecken.

Die Oberbadische Bettenfabrik nimmt derweil einen neuen Ansatz beim Füllmaterial. In Zusammenarbeit mit US-Hersteller Outlast, der bereits Klimamaterialien für die NASA herstellt, präsentiert man PCM-Viskose erstmals auch innerhalb der Zudecke: Kombiniert mit 70% Gänsedaunen soll die Klimaregulierung noch besser funktionieren als bislang und Schwitzen und Frieren unterbinden sowie für eine gleichmäßige Wärmeverteilung unter der Decke sorgen. Die PCM-Viskose soll Wärme speichern und bei Bedarf wieder abgeben können und im Einklang mit den Daunen für entsprechende Gemütlichkeit sorgen. Der Ansatz ist zumindest interessant, ob es einen wirklichen Kaufgrund für Menschen gibt, die bereits mit reinen Daunen gut nächtigen, sei dahingestellt. Es ist wie so oft in der Branche der Versuch, Bewährtes weiterzuentwickeln, um Nuancen zu ergänzen und mit Innovation punkten zu können – der Innovationsdruck, der vor allem durch die Marktgegebenheiten und die Anforderungen des Marketing aufgebaut wird, macht es den Beteiligten nicht leicht, wenn es um so ausgereifte Produkte wie Bettwäsche geht.

Wie auch Fischbacher legt man bei OBB großen Wert darauf, zu betonen, dass die Lieferketten lückenlos dokumentiert werden und Lebendrupf ausgeschlossen werden kann. So stark wie selten zuvor ist der Tierschutz-Aspekt auf der diesjährigen Heimtextil präsent, nicht zuletzt weil die Kunden für die Problematik immer stärker sensibilisiert sind und einige Hersteller, deren zwielichtige Quellen in den letzten Jahren durch Tierschützer aufgedeckt wurden, im wahrsten Sinne des Wortes Federn lassen mussten. Der Verband der deutschen Daunen- und Federnindustrie (VDFI) setzt entsprechend auf Aufklärung und prescht voran, indem er anlässlich der Messe mitteilt, dass die Rückverfolgbarkeit von Lieferketten 2014 weiter verbessert wurde: „International engagiert sich die Branche im Austausch mit NGOs wie Tierschutzorganisationen, Zertifizierungsunternehmen, benachbarten Branchen und Experten und Wissenschaftlern in Stakeholdergruppen zur Sicherung der Lieferketten.“

Trotzdem gibt es noch immer Unternehmen, die mit Verweis auf die Konkurrenzsituation und die hohen Einkaufspreise ihre Quellen nicht offenlegen wollen und das Thema Lebendrupf herunterspielen. Langfristig dürfte das nach hinten losgehen, da die Kunden entscheiden und jenen Anbietern den Vorzug geben werden, die auf Transparenz und Kooperation mit unabhängigen Kontrollinstanzen setzen.

Neben den Großen der Branche und internationalen Herstellern präsentierten auch zahlreiche Verbände und Unternehmens-Zusammenschlüsse ihre Arbeit. Sowohl die australische Woolmark Company als auch Cotton USA warben nicht nur für die ihnen verbundene Industrie, sondern auch für Wolle als hochwertiges und langlebiges textiles Material mit vielfältigen Einsatzmöglichkeiten – nicht zuletzt rund ums Bett. Bei beiden lautete die Message: natürliche, nachhaltige Materialien, in deren Verarbeitung man auf Jahrhunderte an Erfahrung zurückgreifen kann, sollen stärker abgegrenzt werden zu Kurzlebigkeit und Beliebigkeit der heutigen Zeit. Produkte fürs Leben also, anstelle von Produkten, die nach einem Jahreszyklus schon im Container landen. Es birgt eine gewisse Ironie, solch eine Message in einem Rahmen zu präsentieren, in dem es darum geht, Handel und Kunden Jahr für Jahr Neues darzubieten und Begehrlichkeiten zu wecken, ist aber ein Ansatz, der solide wirkt, eben weil er auf etablierte Traditionen bauen kann mit einem Material, das aus dem textilen Sektor niemals wegzudenken sein wird.