…und was man tun kann, um trotzdem wach und fit zu bleiben

Der im Oktober veröffentlichte Arbeitszeitreport 2016 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) enthält eine alarmierende Erkenntnis: „Bereits ab zwei Überstunden werden deutlich häufiger gesundheitliche Beschwerden genannt und mit steigender Überstundenzahl nehmen insbesondere körperliche Erschöpfung und Schlafstörungen zu.“ Hinzu kommt die aktuelle Statistik, nach der jeder deutsche Arbeitnehmer durchschnittlich fünf Überstunden pro Woche ansammelt. Nun ist es sicher nicht so, dass jede Überstunde ein garantierter Auslöser für Schlafstörungen ist. Man muss das Problem im Gesamtkontext betrachten. Regelmäßige Überstunden können eine zusätzliche Arbeitsbelastung bedeuten, die zu Stress führt und dazu, dass man nicht mehr richtig abschalten kann. Wenn dies kombiniert wird mit einem täglichen zu frühen Aufstehen, gerät der innere Rhythmus vollends aus dem Takt. Der Chronobiologe Peter Spork sagte dazu im Interview mit der Schlafkampagne: „Vier Fünftel der Bevölkerung stehen an mindestens fünf Tagen der Woche mit dem Wecker auf. Und wer einen Wecker benötigt, um aufzustehen, der steht zu früh auf, agiert gegen seine innere Uhr. Man ist nicht ausgeschlafen, auf Dauer resultiert ein Zustand chronischen Schlafmangels. Ein solches Schlafdefizit kann krank machen.

Schlafmangel erhöht das Stresslevel

Oft sind mehrere Faktoren relevant. Stress ist, wenn er chronisch wird, der Schlafkiller Nummer eins. Ständiger Schlafmangel führt zu Unkonzentriertheit, Müdigkeit, Erschöpfung. Die Leistungsfähigkeit lässt nach, dadurch nimmt der Stress zu. Ein Teufelskreis. Aber auch eine unausgewogene Ernährung, zu wenig Bewegung (beispielsweise bei im Sitzen ausgeübten Berufen), nicht eingehaltene Pausenzeiten und eventuell darüber hinaus privater Stress können sich auf die Schlafqualität auswirken. Bei manchen Menschen kommen mehrere oder gar alle diese Elemente zusammen.

Was aus dem Arbeitszeitreport ebenfalls hervorgeht: Betroffen sind in erster Linie Mitarbeiter von kleinen und Kleinstunternehmen. Je größer ein Unternehmen ist, desto weniger Klagen gibt es seitens der Arbeitnehmer. Das liegt nicht nur am offenbar besseren Betriebsklima, sondern auch daran, dass sich Arbeitszeiten flexibler gestalten lassen und der Chef Rücksicht auf die Work-Life-Balance nimmt. Mitunter kommen betriebsinterne Angebote wie Entspannungsräume hinzu, in denen man seine Pausen verbringen und auch mal abschalten kann.

Studie empfiehlt besseres Gesundheitsmanagement

Arbeitgeber, die diese Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter ignorieren, tun sich damit keinen Gefallen. Wie die Initiative Gesundheit und Arbeit (iga) herausfand, hat jeder fünfte Arbeitnehmer innerlich bereits gekündigt. Das bedeutet, dass er sich nicht mehr mit seinem Job und dem Betrieb identifiziert und deutlich weniger Leistung bringt als Kollegen, bei denen das nicht so ist. Als eine Gegenmaßnahme empfehlen die Autoren der Studie eine Verbesserung des betrieblichen Gesundheitsmagements. Dazu gehören auch sehr simple Aspekte wie die Einhaltung regelmäßiger Pausen. Nicht nur, um mal auf andere Gedanken zu kommen, sondern auch, um mit Kollegen eine richtige Mittagspause wahrzunehmen. Wer sein Essen am Schreibtisch hinunterschlingt, kann nicht entspannen.

Aber genau hier hakt es schon. Denn, so der Arbeitszeitreport, je mehr Überstunden ein Arbeitnehmer anhäuft, desto wahrscheinlicher ist auch, dass er zu wenige oder gar keine Pausen macht. Stress und Arbeitsbelastung steigen dadurch um ein Vielfaches.

Was können Arbeitgeber tun?

Für Arbeitgeber ist die Rechnung simpel: Je ausgeschlafener und entspannter die Mitarbeiter sind, desto konzentrierter und effizienter arbeiten sie und desto besser ist das Betriebsklima. Eine Investition in die Mitarbeitergesundheit ist also eine Investition in den Erfolg des Unternehmens. Es ist daher nicht nur wichtig, Überstunden in Grenzen zu halten und die Möglichkeit zu geben, diese durch freie Tage abzufeiern, damit der Mehrarbeit auch eine Entspannungs-Zeit gegenübersteht. Ebenso wichtig ist die Einhaltung des arbeitsrechtlich vorgeschriebenen Pausen. Wer zu lange am Stück arbeitet, verliert seine Leistungsfähigkeit. „Unsere Leistungsfähigkeit schwankt in einem etwa 90minütigem Rhythmus. Nach spätestens 70 bis 80 Minuten konzentrierter Arbeit schaltet der Körper für etwa 20 Minuten auf Erholung um. In dieser Zeit sind wir weniger aufmerksam und konzentriert“, stellt die Techniker Krankenkasse fest (https://www.tk.de/tk/balance-im-job/zeitmanagement/pausen/36484) und empfiehlt daher kleinere Pausen in diesem Rhythmus. Diese entfalten ihre Wirkung aber nur, wenn auf dem Arbeitnehmer nicht der Druck lastet, dass der Chef solche Pausen ungern sieht. Mehrere Studien ergaben, dass man pro Stunden etwa fünf Minuten Pause einlegen sollte.

Ähnlich wichtig ist der Arbeitsbeginn. Statistisch sind die meisten Menschen Eulen – also Nachtmenschen. Die Lerchen (also Frühaufsteher) sind eine Minderheit. Man kann sich zwar auch als Eule einen frühen Rhythmus antrainieren. Die meisten Menschen tun das – siehe den Kommentar von Peter Spork – mit dem Wecker. Doch gesund ist das auf Dauer nicht. Es ist also sinnvoll, den Mitarbeitern die Option zu eröffnen, wenigstens an zwei bis drei Tagen in der Woche auch mal eine Stunde später zur Arbeit zu erscheinen. Oder, wenn die Möglichkeit besteht, frühe Schichten gänzlich mit Lerchen zu besetzen. Betriebsklima und Arbeitsqualität werden sich dadurch verbessern. Ab einer gewissen Betriebsgröße ist denkbar, darüber hinaus einen Ruheraum zur Verfügung zu stellen, wo die Mitarbeiter per Power Napping entspannen können.

Ebenso wichtig ist die Sensibilisierung für das Thema. Vielen Menschen ist die Bedeutung der Chronobiologie, also der individuellen inneren Uhr, gar nicht bewusst. Mit Vorträgen und Workshops kann die ganze Belegschaft spielerisch an das Thema herangeführt werden. Außerdem stärken derartige Events das Gemeinschaftsgefühl und den Austausch untereinander.

Was können Arbeitnehmer tun?

Im optimalen Fall ist der Arbeitgeber für derartige Thematiken offen und geht auch auf Anregungen ein. Dann kann man selbst aktiv werden und beispielsweise den Vorgesetzten auf bestehende Probleme ansprechen. Reagiert dieser nicht, kann eventuell der Betriebsrat helfen. Wenn man den eigenen Chronotyp kennt und ein Bewusstsein für den Schlafrhythmus hat, kann man versuchen, die Arbeitszeiten daran anzupassen, indem man vorschlägt, etwas später zu kommen und dafür abends länger zu bleiben.

Wenn man während des Tages spürt, dass man müde wird und die Leistungskurve abfällt, empfiehlt sich ein Power Nap von zehn bis zwanzig Minuten. Steht dafür kein Raum zur Verfügung, geht es notfalls auch am Schreibtisch im sitzen. Im Grunde ist ein Power Nap nichts weiter als ein gezielter kurzer Mittagsschlaf – ohne in den Tiefschlaf zu verfallen. Studien in mehreren Ländern haben gezeigt, dass Mittagsschlaf dauerhaft die Gesundheit verbessert. 

Aber was kann man tun, wenn all das nicht möglich ist? Wenn der Arbeitgeber kein Interesse an einer verbesserten Situation seiner Beschäftigten hat und auf Bitten nicht eingeht? Nun, das erste Mittel der Wahl ist ein Wechsel des Arbeitgebers. Nur haben viele Beschäftigte diese Option nicht. Es bleibt ihnen also kaum etwas übrig, als die Lage am Arbeitsplatz zu ertragen. Aber ein wenig kann man zu Hause tun. In der Freizeit. Wenn man ein gutes Bett hat und ein gutes Schlafklima und dazu noch einige regelmäßige Entspannungsrituale beachtet, die beim Abschalten und Einschlafen helfen, ist schon viel gewonnen.

In diesem Sinne: Schlafen Sie gut!