Das Thema Boxspring ist ein klassischer Hype. Bis vor wenigen Jahren spielte das amerikanisch-skandinavische System in deutschen Schlafzimmern noch nahezu keine Rolle, inzwischen ist es sehr beliebt. Seit ca. 2009 wächst der Anteil der auf der jährlichen Fachmesse IMM Cologne präsentierten Boxsprings beständig. Bedarf und Nachfrage wachsen ebenso. Das hat zweifellos auch viel mit dem Luxus-Aspekt zu tun. Daraus ergibt sich allerdings ein Problem: Während die edlen Traditionshersteller wie Hästens, VI-Spring und weitere seit jeher international erfolgreich sind mit ihren viele tausend Euro teuren Betten der Luxusklasse, möchten inzwischen auch weniger gut betuchte Haushalte ein solches Bett – oder wenigstens eines, das so aussieht.

Das hat einerseits dazu geführt, dass immer mehr Hersteller Kompromisse eingegangen sind, um Boxsprings auch in den unteren Preissegmenten (teils sogar im mittleren bis oberen dreistelligen Bereich) anbieten zu können – andere setzen ausschließlich auf die Optik. Während ein Wasserbett in Boxspring-Optik eindeutig kein Boxspring-Bett ist und auch nicht behauptet, eines zu sein, verwenden einige Hersteller den Begriff Boxspring auch für Bettsysteme, die mit Boxspring gar nichts mehr zu tun haben.

Doch wie unterscheidet man echte von falschen Boxsprings und wo zieht man die Grenze?

Die echten, ursprünglichen Boxsprings stammen in der Regel von alteingesessenen Herstellern aus den USA oder Skandinavien, die bereits seit Jahrzehnten, teils seit über hundert Jahren im Geschäft sind, sich als global renommierte Marken etabliert haben und in jeder Hinsicht auf hohe Qualität setzen – außerdem auf eine typische Optik mit Wiedererkennungswert. So kann man, wenn man sich ein wenig auskennt, ein Boxspringbett von Hästens, Somnus oder VI-Spring auf den ersten Blick erkennen und von Konkurrenzprodukten unterscheiden, sei es aufgrund typischer Musterung der Bezüge oder Eigenheiten des Aufbaus. Die genannten und weitere Firmen verwenden hochwertige Naturmaterialien wie Rosshaar, seltene britische oder orientalische Wollen, echte Seide für die Bezüge, Kaschmir, um nur ein paar Beispiele zu nennen – und die Betten entstehen bis heute großteils als individuelle Anfertigungen in Handarbeit. Jeder dieser Hersteller legt großen Wert auf sein spezielles, selbst entwickeltes Federsystem und die hohe Qualität und Haltbarkeit der Federkerne. Solche Betten kosten im günstigsten Fall einige Zehntausend Euro, können aber auch mit Preisen von über 100.000 Euro zu Buche schlagen.
Auf ähnliche Konzepte und vergleichbar hohe Qualitäten setzen auch jüngere Unternehmen wie Yatsan – der größte Bettenproduzent der Türkei, der ebenfalls Boxsprings der Oberklasse anbietet. Direkt dahinter kommen Boxsprings der Mittelklasse, oft von europäischen Herstellern. Der komplette Aufbau und die Ausstattung sind dabei meist weniger aufwändig, der Look einfacher gehalten. Hier kommen in der Regel auch weniger Federn zum Einsatz. Während es bei den Traditionsunternehmen viele Tausend Federn sein können, sind es in der Mittelklasse oft „nur“ einige Hundert sowohl im Boxspring als auch in der Matratze. Experten sind uneins darüber, welchen Effekt das hat, oft heißt es aber: je mehr Federn, desto besser das Liegegefühl. Andere meinen, es komme vielmehr auf die Qualität der Federung und das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten an. Generell folgen aber auch diese Betten dem ursprünglichen Boxspring-Konzept und können durchaus von hoher Qualität sein, bewegen sich aber preislich im eher erschwinglichen Bereich unter 10.000 Euro. Dafür muss auf Naturmaterialien oder Handarbeit verzichtet werden, je günstiger das Bett ist. Auch Preise im niedrigen vierstelligen Bereich gibt es.

Es folgen die Hybrid-Modelle, die auch dadurch zustande kommen, dass Hersteller ihren Kunden anbieten, sich die Komponenten selbst zusammenzustellen und anstelle einer Federkern- eine Kaltschaum- oder andere Matratze auf den Federkasten zu legen. Solche Kombinationen sind zwar an die Boxspring-Idee angelehnt, sind aber eigentlich kein „echtes“ Boxspring mehr, da Aufbau, Materialien und letztlich auch das Liegegefühl nicht mehr viel mit dem Traditionsprodukt zu tun haben.

Zuallerletzt folgen die reinen Boxspring-Lookalikes. Diese haben zwar eine Box, die maßgeblich als Unterbau die Boxspring-Optik und Betthöhe erzeugt, doch darin verbirgt sich kein Federsystem mehr. Stattdessen schließt die Oberseite der Box mit einem Lattenrost oder einem anderen Unterfederungssystem ab, auf dem die Matratze aufliegt, was ein völlig anderes Bettsystem ergibt. Es gibt auch Varianten gänzlich ohne Unterfederung, bei denen die Matratze auf einer Holzplatte, die die Oberseite der Box bildet, aufliegt. Und die Box selbst hat keine Funktion mehr für das Liegen, kann aber beispielsweise als Stauraum genutzt werden.
Derartige Lösungen sind natürlich bedeutend günstiger in der Anschaffung und schon für einige Hundert Euro zu haben. Sie müssen nicht zwangsläufig schlecht sein. Wenn die Qualität der einzelnen Komponenten und deren Abstimmung gut sind, kann man auch auf solchen Betten gut schlafen. Nur – mit Boxspring hat das, abgesehen von optischen Anleihen, gar nichts mehr zu tun.
Man muss sich vor dem Kauf also einerseits fragen, wieviel Geld man investieren kann oder will – und andererseits, ob einem das typische Boxspring-Liegegefühl wichtig ist oder lediglich der optische Eindruck.


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