Eine Zeitlang sah es aus, als würde sich in der Möbelbranche ein neuer Trend durchsetzen: nachhaltige, ökologische Produkte, die soziale Standards ebenso hochhalten wie den Umweltschutz. Doch oft fiel ein Blick hinter die Fassade der auf Recycling-Papier gedruckten Broschüren ernüchternd aus: Nicht alles, was grün wirkt, ist es auch. Umweltverbände und NGOs kritisieren schon lange, dass das Umdenken vor allem im Marketing-Bereich stattfindet – man will eben das Gewissen vermeintlich sensibilisierter Kunden beruhigen. Doch diese fragen dann auch meist nicht genauer nach. Im Jahr 2015 scheint das Oeuvre der „grünen“ Anbieter weiter geschrumpft, von Trend kann kaum noch eine Rede sein. Die Schlafkampagne hat dennoch Interessantes gefunden.

Viele, die in den letzten Jahren auf den Messen versucht haben, sich dem Zeitgeist gemäß ein grünes Image zu verpassen, haben diese Linie inzwischen aufgegeben und besinnen sich nun wieder auf ihre eigentlichen Stärken. Andere besetzen weiterhin das Naturthema, und bei manchen ist das auch überzeugend, wenn auch es ein gewisses Gefälle gibt. In diesem Jahr waren es vor allem jene, von denen man es erwartet – Candia Strom aus Griechenland zum Beispiel, auch Coco Mat, Dormiente oder Relax. Während ein anderer Hersteller – Moosburger aus Österreich – die Themen Nachhaltigkeit und Ökologie gar nicht in den Vordergrund rückt, denn bei den Rosshaarbetten des Familienbetriebs sind sie ohnehin omnipräsent.

Stärker im Kommen sind derzeit in diesem Segment, so scheint es, Matratzen aus Naturlatex, untermauert von Argumenten des Qualitätsverbandes Umweltverträgliche Latexmatratzen e. V. (QUL), der vor allem Eigenschaften wie die „antiseptische Wirkung, die Bakterien und Hausstaubmilben weitgehend fernhält“ herausstellte, ebenso wie die guten Liegeeigenschaften aufgrund der punktelastischen Körperanpassung. QUL vergibt ein Qualitätssiegel. Als Grund nennt der Verband, dass der Laie echtes Naturlatex von synthetischen Produkten aus Erdöl oder Mischvarianten kaum unterscheiden könne. Echte Naturmaterialien (wie auch Rosshaar, Kokos, Wolle) seien außerdem „beständiger“ als künstlich hergestellte Produkte. Das QUL-Siegel haben beispielsweise die Latexmatratzen von Dormiente. Es soll nicht nur die Materialqualität sicherstellen, sondern anhand strenger Prüfkriterien auch Pestizidbelastung, Schwermetalle oder schädliche Chemikalien ausschließen. Anhand solcher Aspekte zeigt sich bereits, wie weit bei Begriffen wie „ökologisch“ und „nachhaltig“ differenziert werden muss: Da steht zum einen die Frage, was man sich ins Schlafzimmer stellt: Setzt man gänzlich auf Naturmaterialien um zu verhindern, dass man sich mit Dingen umgibt, die potentiell gesundheitsschädlich sind (Relax geht sogar noch einen Schritt weiter mit „metallfreien“ Betten, bei denen auch die Verbindungsteile der Massivholzrahmen gänzlich ohne Metallteile auskommen)? Und wie langlebig ist das Material, wie gut ist es verarbeitet, wie lange die Garantielaufzeit? All das sind Abgrenzungskriterien zu den heutzutage typischen Wegwerfprodukten.

Man kann argumentieren, dass in dem vergleichsweise hochpreisigen Bereich, in dem wir uns hier bewegen, lange Produktzyklen eine Grundvoraussetzung sein sollten. Und oft ist das auch so, aber längst nicht immer. Candia Strom aus Griechenland gibt auf seine Bodyfix-Reihe ganze 25 Jahre Garantie. Das ist eine Menge. Allerdings setzt der Hersteller aufwändiger Federmatratzen gänzlich auf die Kombination rein natürlicher Materialien, die in der Verarbeitung nicht mit Chemie, sondern mit Olivenöl behandelt werden. Wer nun fragt, ob das denn tatsächlich Materialqualität und Langlebigkeit erhöht, der sei wieder auf die 25 Jahre verwiesen. Zudem bietet Candia Strom in dieser Laufzeit an, dass Schäden an den gänzlich in Handarbeit gefertigten Matratzen kostenlos behoben werden – man muss das allein deshalb betonen, weil es eben keine Selbstverständlichkeit ist.

Ob bei all den genannten Herstellern auch in den Zulieferbetrieben der Materialien nachhaltig gearbeitet wird und ob soziale Standards eingehalten werden, ist eine andere Frage. Manche kommunizieren auch hier recht offen ihr hohes Niveau. Ob das bis ins letzte Detail zutrifft lässt sich freilich nicht so leicht überprüfen. Es kommt darauf an, Aussagen Glauben zu schenken.

Bei Coco Mat, 2015 zum zweiten Mal auf der IMM Cologne, ist das Motto „sleep on nature“ Programm. Sämtliche Matratzen, meist im Boxspring-Look, sowie Kissen und weitere Elemente, bestehen rein aus langlebigen Naturmaterialien, wobei die Herstellung auf Handarbeit setzt. Die aktuelle Präsentation stellte das so genannte 4layer-bed in den Mittelpunkt, ein optisch imposantes Naturbett, das aus vier variable kombinierbaren Elementen besteht, die zwar keine Bettfedern enthalten, sich aber ans Boxspring-Konzept anlehnen. Die unterste Matratze mit Schichten aus Kautschuk und Kokos sowie Naturfasern soll das Gewicht des Nutzers auffangen und den Druck verteilen, um ergonomisch richtiges Liegen zu ermöglichen – übernimmt also technisch die Funktion einer Unterfederung. Diese Basismatratze ist daher auch im Doppelbett zweigeteilt und lässt sich den Bedürfnissen der Partner, die das Bett nutzen, anpassen. Darüber liegt die eigentliche Matratze, die über ihre Struktur die Körperanpassung gewährleisten soll, sodass die Wirbelsäule gerade liegt. Oben drauf kommt eine dritte, vergleichsweise sehr dünne und eher weiche Obermatratze, die für Liegegefühl und Gemütlichkeit zuständig ist. Den Abschluss bildet ein sehr dünner, mit Gänsedaunen gefüllter Topper. Da die Füllschichten der nach oben hin dünner werdenden Matratzen variabel sind und der Topper kein Muss, gibt es zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten, um das Naturbett zu individualisieren. Eine interessante Idee, die wie auch die anderen genannten Beispiele auf Langlebigkeit setzt.

Ein Highlight im Bereich natürlicher und nachhaltiger Bettwaren ist nach wie vor die Rosshaarmanufaktur Moosburger aus Österreich. Nach Innovationen wird man hier vergeblich suchen – aber der Knackpunkt ist: sie wären hier auch gar nicht angebracht. Während manche Hersteller sich immer wieder um echte Innovationen bemühen und andere regelmäßig mit Scheininnovationen versuchen, um die Kundschaft zu buhlen, weiß man bei Moosburger um das grundsolide, ehrliche und in jeder Hinsicht nachhaltige Produkt, das Marktschreierei schlicht und ergreifend nicht nötig hat. Das Konzept der Rosshaar-Matratze ist uralt und bewegte sich von Anfang an auf ungleich hohem Niveau. Es ist ein Nischenprodukt, aber ein nahezu konkurrenzloses. Es begeistert durch seine Einfachheit. Sowohl Matratzen als auch Bettrahmen aus Massivholz werden bei Moosburger in eigener Produktion per Hand gefertigt, wobei keinerlei Chemie zum Einsatz kommt. Die Rosshaar-Matratzen halten, so Christian Moosburger, der wie üblich gemeinsam mit seinem Vater den Messestand betreut, mehrere Jahrzehnte, und selbst wenn die Materialqualität irgendwann nachlässt ist das kein Grund, das Bett zu entsorgen: Die Matratzenfüllung kann dann gewaschen und aufgearbeitet werden – für weitere Jahrzehnte im Schlafzimmer. Wer „grün“ schlafen will, darf hier unbedingt einen Blick riskieren, denn ein nachhaltigeres Produkt findet man in der gesamten Möbelbranche weit und breit nicht.