Trends – das ist ein großes Wort. Man muss es hinterfragen, bevor man es nutzt, ganz besonders, wenn man über die Trends einer Messe wie der Frankfurter Heimtextil schreibt. Was genau ist ein Trend? Im Wesentlichen gilt es, in zwei Kategorien zu unterteilen: In echte und in gewollte Trends respektive Trends, die erstmal bloß ein PR-Versprechen sind. Oft, aber längst nicht immer gehen beide Varianten ineinander über…

Ein gutes Beispiel hierfür ist der Boxspring-Hype, der als PR-Trend begann: Vor einigen Jahren tauchten die wuchtigen Betten auf dem deutschen Markt in immer größerem Umfang auf, Industrie und Messen sprachen von einem Trend, obwohl es noch längst keiner war. Im Gegenteil: Anfangs wurde der Versuch, einen Boxspring-Trend herbeizureden, weitestgehend belächelt. Erst im Laufe der Zeit wurde ein echter Trend draus, nämlich als sich abzeichnete, dass die Endkunden auf den Zug aufspringen und sich reihenweise Boxsprings in die heimischen Schlafzimmer holten – selbst Betten, die technisch nichts mit Boxspring zu tun hatten, aber optisch darauf getrimmt waren (was meist mit dem Preisargument zu tun hat).

Ob etwas, das auf einer Messe als „Trend“ auftaucht auch wirklich einer wird, weiß man folglich erst hinterher. Unsere Frage auf der diesjährigen Heimtextil musste also sein: Was hat – im Bereich Bettwaren und Bettwäsche – das Zeug zum Trend, und warum ist das so?

Bei Kissen- und Deckenbezügen, bei allen Textilien rund ums Bett gibt es zur Zeit ein Thema, das bereits als Trend kursiert und in 2015 so überpräsent war wie auf der IMM Cologne vor wenigen Jahren die Boxsprings: Der textile Digitaldruck. Immer mehr Hersteller verwenden ihn, immer mehr Drucktechniken und Druckmaschinen drängen auf den Markt, der Marktanteil wächst, und zugleich offenbar auch das Kundeninteresse, wovon man sich vor allem in den Hallen 4 und 8 überzeugen konnte. Die Vorteile aus der Herstellerperspektive liegen auf der Hand, ebenso wie in allen anderen Lebensbereichen, in denen digitale Technik Einzug hält: geringerer Ressourcenverbrauch, geringere Kosten, einfachere und schnelle Verarbeitung. Man kann Produktionsprozesse verschlanken und dabei Ergebnisse erzielen, die sich sehen lassen können, denn digital bedruckte Textilien erkennt man auf den ersten Blick: Die Farben sind strahlender und kräftiger als bei anderen Verfahren. Ob sie das dauerhaft bleiben respektive wie viele Waschzyklen sie überstehen hängt von anderen Faktoren ab, die bereits bekannt sind: Materialqualität, Verarbeitungsqualität, Behandlung der Stoffe und so weiter. Dass hier mitunter auf gesundheitlich bedenkliche Chemikalien gesetzt wird, hat das Magazin Ökotest in der Ausgabe Dezember 2014 festgestellt, bei dem auch mehrere Qualitätshersteller eher schlecht wegkamen. Beim Endkunden scheint so etwas aber eine untergeordnete Rolle zu spielen. Kein Hersteller sah sich auf der Messe angehalten, mit dem Verzicht auf bestimmte Chemikalien zu werben – das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass das Problem zumindest an der Ladentheke (noch) keines ist.

Eine wirkliche Innovation ist der textile Digitaldruck aber eher nicht – wer die Entwicklungen der letzten Jahre beobachtet hart, konnte erwarten, dass der Digitaldruck auch in diesem Sektor früher oder später weite Kreise ziehen würde. Und für die Endkunden ist es eine reine Geschmacksache: Mag man die typische Optik oder nicht? Interessant ist hingegen der Aspekt der Individualisierung: Schon jetzt gibt es Ansätze, Kunden ihre eigene Bettwäsche gestalten zu lassen, sei es mit Fotos oder eigenen Zeichnungen. Dadurch ergeben sich neue Möglichkeiten auch in der Vermarktung, die in den kommenden Jahren interessant werden dürften, zumal sich bei aller Ideenvielfalt Designs und Gestaltungen doch längst wiederholen und mancher vielleicht etwas Individuelleres möchte als Blumen, Wälder, Streifen, Punkte oder Ornamente (um nur mal die Dauerbrenner zu nennen).

Hinzu kamen in Halle vier die von der Messe selbst in Kooperation mit internationalen Designern verkündeten Trends Sensory, Mixology, Discovery und Memory, die aufwändig präsentiert wurden. Unter Sensory sollen die Sinne angesprochen werden. Es wird zum einen – das ist ein alter Hut, der immer relevant bleiben wird – mit Farben experimentiert, die sinnliche Reize evozieren sollen und analog dazu, um das emotionale Erlebnis abzurunden, mit Stoffen, Materialien und deren Verarbeitung. Und gerade im Bett, wo wir Nacht für Nacht mit den uns umgebenden Stoffen in Hautkontakt stehen, ist das ein bedeutender Faktor: gibt es ein angenehmes Gefühl auf der Haut? Hält der Stoff mich warm, lässt er mich weder schwitzen noch frieren, ist er kuschelig, ist er gemütlich? Man kann freilich argumentieren, dass hochwertige Stoffe längst existieren, und dass jeder in der Vielfalt etwas finden wird, das ihn zufriedenstellt. Aus Designerperspektive ist es aber nur logisch, dem in kleinen Schritten immer wieder etwas hinzuzufügen, das Vorfindliche zu verbessern, und sei es nur um Nuancen.

Mixology ist derweil für den Schlafbereich irrelevant: Zwar ist die Grundidee des interkulturellen Designaustauschs ungebrochen wichtig, die präsentierten Beispiele aber durch die Bank zu bunt, zu verspielt, zu nervös und abstrakt um im Schlafzimmer zu funktionieren, wo doch Ruhe und Ausgeglichenheit herrschen sollen, während Mixology eher eine (bewusste) Unruhe in sich trägt, den Betrachter stolpern lässt und sich müht, seine Perspektive in neue Bahnen zu lenken – wenn auch manche Motivgestaltung an Traumbilder erinnert.

Discovery könnte da schon eher wieder neue Ansätze rund ums Bett liefern – es wäre nicht das erste Mal, dass Materialien aus der Weltraumforschung im heimischen Bett landen – siehe beispielsweise die PCM-Viscose von Outlast. Auch Experimente mit Schwarztönen und Dunkelheit passen hierzu, ebenso die Frage, ob und wie Lichtquellen in der Raumgestaltung eingesetzt werden. Welche Impulse aus den Experimenten hervorgehen, wird sich zeigen. Und während Discovery in die Zukunft blickt, wendet sich Memory, wie der Name schon sagt, in die entgegengesetzte Richtung. Man könnte auch sagen: Es geht um Retro-Design, das ja regelmäßig wieder hervorgekramt und in neue Kontexte gesetzt wird. Bei allem Innovationsdrang ist der Versuch, Einfachheit in textile Gestaltung zu bringen und sich an Vergangenem oder Bewährtem zu orientieren, auch ein schöner Schlusspunkt für die diesjährige Trendentwicklung. Denn während sich Neues erst herausbilden und durchsetzen muss, kann eine Variierung des bereits Vorhandenen in individuellen Kontexten nostalgische Gemütlichkeit erzeugen.