Mit dem Lichtlos-Konzept hat der Unternehmer Michael Lück eine vielfältig einsetzbare Event-Plattform geschaffen: ein Raum, in dem in völliger Dunkelheit die Sinne der Teilnehmer geschärft werden, wo sie lernen, aufmerksamer zu hören, zu fühlen, sich auf Wesentliches zu konzentrieren. Für den Handel eine Möglichkeit, Kunden ein neues Einkaufs- und Beratungselebnis zu bieten, zugleich ein Raum der Kommunikation und des Austauschs, der auch für Schulungszwecke interessant ist, weil er einen neuen Blickwinkel bietet. Im Gespräch mit der Schlafkampagne sprechen Michael Lück und der Schlafexperte Markus Kamps über die Idee und ihre Effekte.

Wo sehen Sie Probleme des stationären Handels, wenn es darum geht, Kunden zu erreichen und zu begeistern, auch im Verhältnis zum Onlinehandel?

Lück: Viele Einzelhändler haben den Onlinetrend verschlafen. Viele mussten deshalb schließen. Der Handel sollte sich wieder viel stärker auf seine Kernkompetenz, die Fachberatung, konzentrieren. Die Rahmendaten am Markt sind für alle gleich. Aber als Händler sollte ich mich fragen, wo meine persönlichen Stärken liegen und wie ich mein individuelles Profil schärfen kann. Es gilt, Vertrauen zu schaffen, der Kunde soll sich auf die Aussagen des Händlers verlassen können. Wir setzen hier an der Persönlichkeitsentwicklung an, helfen den Menschen, sich selbst besser kennenzulernen. Denn das ist der erste und wichtigste Schritt zum erfolgreichen Unternehmerdasein.

Kamps: Vielen Händlern, sowohl online als auch stationär, fehlt es an echtem Profil. Für stationäre Händler ist das meines Erachtens sogar noch wichtiger als für Onlinehändler – eben um die Frequentierung zu erhöhen für eine anschließende Beratung, Produktvorführung und das Herbeiführen einer Kaufentscheidung. Online kommt der Interessent über Links oder thematisch verwandte Websites eher in den Shop, und dort zählen dann Schnelligkeit und Preis. Der Händler braucht klare Empfehlungen, klare Produktaussagen und überzeugende Serviceleistungen.

Inwiefern verändert ein Konzept wie Lichtlos die Art des Kunden, sich selbst und Produkte wahrzunehmen?

Lück: Man unterscheidet zwischen dem Bedarfskauf, also von Dingen, die man akut benötigt, und dem erlebnisorientierten Kauf. Wenn nun ein Händler zum Beispiel eine Erlebniswelt in völliger Dunkelheit schafft, in der man eine neue Modekollektion oder Bettwäsche nicht sieht, sondern erstmal nur fühlt, ist das eine neue Erfahrung. Es geht ein Kopfkino los. Man hat ein Bild vor dem inneren Auge, weiß aber nicht, ob es zutreffend ist. Viele Kunden erinnern sich noch nach Jahren an solche Erlebnisse. Das gelingt nur wenigen in Marketing und Vertrieb. Außerdem ist das eine Story: so etwas kann Lokalzeitungen aufgrund des ungewöhnlichen Eventcharakters eher interessieren als ein Tag der offenen Tür.

Schlafberatung im Dunkeln – welches Potential steckt in dieser Art der Kommunikation?

Kamps: Es geht nicht um die Schlafberatung im Dunkeln, sondern um Training: lernen, mein Bauchgefühl besser zu verstehen und dem Kundenwunsch nach Menschlichkeit und Vertrautheit näherzukommen. Natürlich kann man in Lichtlosigkeit auch Schlafberatungen durchführen, die in die Tiefe geht, Störfaktoren und innere Spannungen auflöst. Aber für mich steht hier die Sensibilisierung der Verkäufer im Handel und der Vertriebspartner der Industrie im Mittelpunkt.

Ist so ein Konzept denn auch als dauerhaftes Element im Handel denkbar?

Lück: Da bin ich unsicher. Ich halte es für wichtig, dass in der Dunkelheit auch die Kommunikation zwischen Menschen anders ist. In Bereichen, wo Unternehmen mehrere Konferenzräume haben, wäre es sicher denkbar, einen davon lichtlos einzurichten, um die alternative Form der Kommunikation nutzen zu können. Im Einzelhandel kann man aber immer die Idee wieder aufgreifen. Etwa indem man Kunden bittet, die Augen zu schließen und sie dann unterschiedliche Stoffe erstmal über den Tastsinn erfühlen lässt. Bei Bettwäsche geht das: Man fragt: In welcher Bettwäsche würden Sie heute Nacht lieber schlafen? Dadurch wird das Konzept spielerisch weitergeführt. Aber die Lichtlos-Idee verschleißt auch nicht, man kann so ein Event auch mehrmals im Jahr machen. Man kann es ja inhaltlich variieren: Mal geht es ums Fühlen, mal ums Hören oder um andere Aspekte, auf die man sich besonders konzentriert.

Lenkt denn der Event-Charakter nicht auch vom eigentlichen Thema ab?

Kamps: Nein, denn als Kundenevent geht es ja um Andersartigkeit, Pressewirkung und darum, dem Thema Impulse zu geben, und das funktioniert hervorragend. Bei Workshops für Handel und Industrie muss allerdings vorher ein genauer Zielkorridor festgelegt werden, während der in Dunkelheit nachweislich größeren Kreativität Raum gelassen wird.

Was können solche neuen Wege für das Verhältnis von Handel und Kunde und für Produktqualität bedeuten?

Lück: Wenn der Händler nicht weiterweiß senkt er die Preise und der Kunde kauft das Billigste. Wer keine Qualitätsunterschiede wahrnimmt, kauft nach dem Preis oder zunächst nach dem Aussehen. Deshalb ist es ideal, die Qualität erlebbar zu machen und sie in den Mittelpunkt zu stellen.

Kamps: Es könnte dem Endkunden ein neues, emotionaleres, menschlicheres Kauferlebnis bescheren. Und zwar sowohl wenn er selbst die Lichtlosigkeit erlebt oder von einem in Lichtlosigkeit trainierten Verkäufer beraten wurde. Also: Nicht alles schwarz sehen – sondern lichtlos erleben!