Am öffentlichen Tag der Jahreshauptversammlung des Fachverbandes Wasserbett am 18. Mai 2019 in Velbert ging es ans Eingemachte. Den Fachhändlern wurde ein Spiegel vorgehalten, in dem sich so manch einer nicht wiedererkannte …
Im Prinzip sollte es doch jedem Unternehmer klar sein. Was Kunden wollen. Das Unternehmen lebt schließlich davon, dass es die Wünsche seiner Kunden erfüllt. Logisch, dass es diese kennt.
So weit die Theorie.
In der Praxis hingegen zeigt sich oft genug, dass so manches Unternehmen kompetent und bereit in seinem Geschäft sitzt und ausschließlich die Sicht nach außen genießt. Wie die Sicht nach innen aussieht, ist mit Brettern vernagelt. Betriebsblindheit nennt man dieses Symptom auch; und blind für das, was Kunden wollen, sind mehr Unternehmen als sie glauben.
Der schlimmste blinde Fleck besteht in der Schuldzuweisung. Stationäre Geschäfte leiden unter Frequenz, weil der Onlinehandel jeden Bedarf abdeckt und Kunden vom Fachgeschäft wegzieht. Da kann man halt nichts machen. Allein der Gedanke blockiert jede andere Option.
Es gibt aber immer Wege – so wie es auch immer Kunden gibt – die wirklich stationär einkaufen wollen. Nur muss das dann bitte auch so sein, wie sie es sich wünschen. Und damit wären wir wieder beim Thema. Was wollen Kunden denn nun wirklich – wenn sie stationär einkaufen gehen?
Mit einem groß angelegten Projekt „Kundenradar“ wurde genau dieser Frage nachgegangen. 14 Probanden aus der Zielgruppe „lapsed user“, die aus unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen stammten und aufgrund akribischer und datenbasierter Auswahl als repräsentativ gelten konnten, besuchten in einem begleiteten Shopping zuvor ausgewählte Fachgeschäfte. Die Diskrepanz zwischen dem – was Unternehmen als für sich stimmig und gut befanden – und dem – was die Kunden wahrnahmen – hätte nicht größer sein können. Unfreundlich, aufdringlich, desinteressiert, ignorant, schlecht riechend (nach Rauch) und mit nur mäßiger Kompetenz – so erlebten die Probanden das vom Unternehmen hochgelobte Service Personal. Ja wer hätte das gedacht?
Ein Einzelfall? Viele Einzelfälle? Mitnichten!
Petra Jagow – Mit-Initiatorin des Projektes Kundenradar und selbständige qualitative Marktforscherin mit langjähriger Erfahrung in Consumer Insights und Shopper Research – hat als Vorbereitung auf den Workshop auch Mitglieder des Verbandes aufgesucht. Quasi als verdeckte Ermittlerin. Und was hier ans Licht kam, war eigentlich traurig, auch wenn alle gelacht haben. War erschreckend, auch wenn hilflos Schultern gezuckt wurden. War beschämend, auch wenn kichernd die Hand vor den Mund gehalten wurde.
Was der Store-Check aber vor allem war: Eine glasklare Erkenntnis und eine tief empfundene Einsicht in festgefahrene Strukturen, Denkweisen und Blickwinkel. Und die Konsequenz daraus.
Wir müssen stationär besser werden!
Das gelingt, wenn der Händler sich als Gastgeber betrachtet, der seine Gäste wirklich hofiert, sie wirklich gut berät und sie bestens unterhält. Es gelingt, wenn der Händler begreift, dass die im Alltag permanent fremdbestimmten Kunden nur beim Shopping die maximale Selbstbestimmung erleben. Hier geht es nur um sie. Sie sind frei in ihren Entscheidungen, können sich ausprobieren und verwandeln, sich spontan in ein Produkt verlieben und sich lang gehegte Träume erfüllen. Sie stehen voll und ganz im Mittelpunkt; und alle anderen sind nur dazu da, seine/ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Klappt es, erlebt der Kunde ein euphorisches Glücksgefühl, von dem er nicht nur lange zehren wird, er kann es auch online in dieser Form nie bekommen. Und wie das so ist mit Glücksgefühlen – hat man sie einmal erlebt, will man sie immer wieder.
Der stationäre Fachhandel ist dem Online Handel in dieser so wichtigen emotionalen Hinsicht einen Riesenschritt voraus. Er muss ihn nur gehen.
Autor: Sabine Krömer
Fachverband Wasserbett e.V.
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