Anzeigen aus dem Göppinger    Wochenblatt von 1889

 

Quelle: Neue Bündner Zeitung

 

Zum Ende des 19. Jahrhunderts, der Zeit der rasanten Industrialisierung, waren Wohnraum und damit auch Schlafplätze, in den großen Städten absolute Mangelware. Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg dieser Mangel noch weiter an.

Wohnungsknappheit und mangelndes Einkommen begünstigten eine Art von Untermietern, die sogenannten „Schlafgänger“ (auch „Bettgeher“ genannt). Als Schlafgänger, Schlafleute, Schlafburschen aber auch Schlafmädchen wurden damals Menschen bezeichnet die keine eigene Wohnung hatten oder sich diese nicht leisten konnten, und sich gegen Entgelt (Schlafgeld) eine Mitschlafgelegenheit beschafften. Man sprach in diesem Zusammenhang von „halboffenen Familien“.

Es kam vor, dass besonders arme Familien die Betten an zwei verschiedene Schlafgänger vermieteten. Unumstritten ist, dass Schlafgänger vorwiegend junge Männer aber auch Verheiratete waren, die auf dem Lande lebten, lediglich zum Geldverdienen in die Stadt kamen und entweder am Wochenende oder erst nach dem Ende der Sommermonate nach Hause fuhren.

Schlafgänger hatten normalerweise keinen Familienanschluss und durften die restlichen Räumlichkeiten, wie die Küche oder die „Gute Stube“, nicht nutzen und sie erhielten im Gegensatz zu Untermietern kein Frühstück.

Bequemlichkeit und Intimität kamen gar nicht in Betracht. Viele Familien, die die Schlafgänger aufnahmen, wohnen selbst unter beengtesten räumlichen Verhältnissen. Wenn sie mehrere Arbeiter aufnahmen, kam es vor, dass ein Familienmitglied mit einem oder mehreren Schlafgängern zusammen in einem Bett schlafen musste.



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